Susanne (Sue) Glanzner
Autorin, freie Texterin

Blog:


2019-08-07

Huhn, Prinzessin oder Königin? Eine Datinganleitung für Vollidioten, Ritter, oder Könige.

Gut.
Eingangs gebe ich vielleicht besser gleich zu, dass man als Frau Mitte dreißig tatsächlich besondere Ansprüche an ein Date hat.
Dementsprechend bin ich nicht sicher, ob das Nachfolgende von Frauen aller Altersgruppen unterschrieben werden würde.
Allerdings ändern sich manche Dinge nie.

Zum Beispiel die Tatsache, dass wir alle tief im Inneren gerne Prinzessinnen sind, gerne wären oder mal waren.
Es gibt nur eine Zeit im Leben der Frau, in der sie das nie öffentlich zugeben würde.
Ist irgendwie uncool.
Man will ja keinen Stress machen.
Und nicht so zickig sein wie die anderen Zicken.
Ich schätze, bei den meisten spielt sich das zwischen Mitte und Ende zwanzig ab.
Frau findet es cool, mehr Alkohol zu vertragen als ihr Kerl und kennt sich mit Fußball aus.
Nicht, weil es sie interessiert.
Eher weil sie im Ansehen seiner Kumpels und damit gleichzeitig auch in seinem steigt.
Haben wir alle durchgemacht.

Zwischen Ende zwanzig und Anfang dreißig setzt leider die Torschlusspanik ein.
Weil alle heiraten, Häuser bauen, Kinder kriegen.
Und die, die das nicht tun, bleiben übrig.
Und kriegen natürlich von den anderen schön aufs Brot geschmiert, dass es ja irgendwie auch ein Verdienst ist, Glück zu haben.
Heißt im Umkehrschluss:
Wenn du kein Glück in Form von Mr. Right hast, dann verdienst du es auch nicht, weil du nicht genug dafür tust.
Diesen selbstgerechten Klugscheißerinnen kann man letztendlich nur in ihr Bewertungssystem grätschen, indem man Karriere macht.
Das ist die einzige Entschuldigung, die sie gelten lassen.
Denn das ist immerhin auch eine Form von Verdienst.
Halt ein anderer.
Einfaches Pech zählt ja heute nicht mehr.

Blöd ist nur, dass man damit irgendwann an einen Punkt gelangt, an dem man nicht mehr zwangsläufig nach einem Partner sucht.
Man hat sich so an den eigenen Erfolg, das große Bett und das neu gefundene Selbstbewusstsein gewöhnt, dass man sich immer öfter fragt, wozu man diesen Mr. Right eigentlich brauchen sollte?
Zumal man ihn im Laufe der letzten Jahrzehnte schon so oft vermeintlich gefunden hatte.
Bis sich rausgestellt hat, dass man zusammen doch nicht kompatibel oder er einfach nicht der Superheld war, den man in ihm gesehen hat.

Damals hat man auch noch behauptet, er müsse gar kein solcher sein.
Und genau da beginnt die Problematik mit Mitte dreißig:
Plötzlich gibt man offen zu, dass man sich mit niemand geringerem als einem Superhelden zufrieden geben will.
Er soll nicht dümmer sein als man selbst, oder zumindest nur in Bereichen, in denen man es nicht merkt, weil man selbst nix auf dem Kasten hat.
Er soll gute Manieren haben.
Er soll natürlich unverschämt gut aussehen.
Er soll sich im Klaren darüber sein, dass man keine Prinzessin ist.
Sondern eine Königin, die längst aus den Prinzessinnenschuhen gewachsen ist und dementsprechend auch mittlerweile andere Ansprüche hat:
nämlich keinen Prinzen, sondern einen König will.
Oder eben einen Superhelden.
Tolles Auto, dickes Bankkonto…gut…das wäre die Sahnehaube obendrauf.
Aber letztendlich macht Sahne ohnehin nur dick und Geld verdienen Königinnen selbst.

Jetzt nicht erschrecken, Männer.
Was die Königin Mitte dreißig von den Hühnerprinzessinnen Mitte zwanzig unterscheidet ist: Ihr ist bewusst, dass all das subjektiv ist und von jedem unterschiedlich bewertet wird.
Außerdem ist ihr bewusst, dass sie keinesfalls und am allerwenigsten frei von Macken ist.
Im Gegenteil: Sie macht kein Geheimnis aus Stimmungsschwankungen während ihres Eisprungs.
Klar, sie schiebt es auf die Hormone.
Aber zumindest gibt sie es zu.
Genau wie die Tatsache, dass sie immer noch nicht gelernt hat zu kochen und das ein bisschen peinlich findet.
Und sie hat kein Problem damit, dich vor eurem Date nach deiner Körpergröße zu fragen, um danach in ihren Lieblings-Highheels und einem Meterstab in der Küche zu stehen und auszumessen, ob sie immer noch kleiner ist als du.
Und auch das gibt sie zu.
Um dir das Gefühl zu geben, dass sie dich gerne von unten anhimmelt.
Sie ist ein bisschen wie Carrie Bradshaw und ihre Freundinnen:
Selbständig, selbstironisch und trotzdem sehr romantisch.
Sie sucht ganz sicher keinen makel-, macken- und fehlerlosen König.
Vielmehr einen König, mit dessen Macken sie leben kann.
Einen, dessen Macken sie liebt, weil er im Umkehrschluss auch die ihren liebt.

Doch bis zu diesem Punkt musst du es erst einmal schaffen.
Und dazu musst du das erste Date erfolgreich meistern.
Danach entscheidet sich alles.
Top oder Flop in zwanzig Minuten.
Ich erhebe nicht den Anspruch, dass meine Datingregeln allgemeingültig sind.
Doch ich denke, es schadet nicht, ein paar Kleinigkeiten zu beachten:

Erstens: 
Hole sie zu Hause ab und bringe sie nach eurem Date wieder dorthin.
Heutzutage hat sich die bescheuerte Sitte eingeschlichen, sie einfach irgendwohin zu bestellen.
Kann man machen, ist dann aber halt kein Date, sondern ein freundschaftliches Treffen.
Und ich frage mich sowieso, was das eigentlich soll?
Seit wann gelten die guten alten Regeln aus den amerikanischen Kitschfilmen nicht mehr?
Wenn du viel Glück hast, klappt das mit einer Prinzessin noch, aber keinesfalls mit einer Königin.
Die Königinnen die ich kenne, halten das mittlerweile so:
Holst du sie nicht ab, dann ist es auch kein Date.
Heißt: Egal, was du danach von ihr willst…über die Kumpelschiene kommst du nie hinaus und Kumpels hat sie bereits genug.
Überraschung: Sehe ich genauso.

Zweitens:
Wenn offensichtlich ist, dass sie sich mit ihrem Outfit einigermaßen Mühe gegeben hat, dann tu wenigstens so, als hättest du das auch getan.
Oder wenigstens drüber nachgedacht.
Dass sie sich bemüht hat, erkennst du daran, dass sie nicht in Jogginghosen das Haus verlässt und sich die Haare gekämmt hat.
Meistens hat sie sich sogar geschminkt, einparfumiert, eine Frisur gemacht und den Schmuck passend zu den Klamotten ausgesucht.
Du kannst davon ausgehen, dass das ganze Prozedere sie in diesem Fall  gute zwei Stunden gekostet hat.
Sie dann zu begrüßen mit einem Satz wie: “Ich komme direkt aus dem Büro.” heißt für sie soviel wie: “…und schiebe dich zwischen Überstunden und Sofa schnell rein.” oder (noch schlimmer): “Aber ein Bier hätte ich ja eh noch getrunken, dann kannst du auch genauso gut mitkommen.”
Ob das den Tatsachen entspricht oder nicht: Sie wird es so verstehen und sich ad hoc uninteressant fühlen.
Wenn es für dich gut läuft.
Wenn es schlecht läuft, kommt noch ein Gefühl von “ich bin unsexy” dazu.
In dieser unbedachten Sekunde ist dein Schwierigkeitsgrad für euer erstes Date von Stufe eins auf acht geklettert.
Und du merkst es nicht mal.

Drittens:
Denk dir ein Programm aus.
Vielleicht glaubst du, es ist zuvorkommend, sie das Restaurant auswählen zu lassen.
In Wirklichkeit stehen Königinnen aber leider auf den ganz großen Service. 
Der beinhaltet, dass du dir Gedanken machst, wohin du sie ausführen möchtest.
Um ganz sicher zu gehen, kannst du sie vorher fragen ob sie etwas gar nicht mag.
Aber ihr zu sagen: “Such du was aus, ich kenne mich hier nicht aus.” heißt für sie:
“…und habe auch keinen Bock darüber nachzudenken oder gar zu recherchieren.”
Und jetzt rate!
Genau!
Sie fühlt sich schon wieder uninteressant und nicht wertvoll genug, dass du für sie irgendwelche Mühen auf dich nimmst.
Schwierigkeitsstufe zwölf.
Und du merkst es nicht.
P.S.: Du besänftigst sie wahrscheinlich unwesentlich, indem du sie - ganz alte Schule - fragst, was sie sich zu Essen ausgesucht hat und für sie beim Kellner bestellst. Allerdings wird sie das an diesem Punkt schon nur noch zur Kenntnis nehmen und das “wohlwollend” vor ihrer Kenntnisnahme unter den Tisch fallen lassen.

Viertens:
Sei ein angenehmer Gesprächspartner.
Das heißt nicht, dass du den “kleinen Prinzen” zitieren oder dir vorher alle Staffeln von “Greys Anatomy” reinziehen musst, um ein gemeinsames Thema zu haben.
Es würde schon reichen, Interesse an ihrer Person zu zeigen und im Gegenzug etwas von dir zu erzählen.
Kontraproduktiv ist allerdings, ihr schweigend gegenüber zu sitzen und auf ihre Frage nach deinem Schweigen etwas zu antworten wie:
“Ich versuche nur, dir aufmerksam zuzuhören.” oder “Du redest ja die ganze Zeit.”
Frauen Mitte dreißig versuchen, peinliche Pausen zu vermeiden und wenn du nicht sprichst wird sie es tun.
Denn sie hat schlicht und ergreifend keine Lust auf einen beschissenen Abend, den sie gerne gegen Pizza und Unterschichtenfernsehen eintauschen würde.
Du ahnst es schon: Schwierigkeitsstufe fünfzehn, ohne dass du die leiseste Ahnung hast.

Fünftens und letztens:
Spare dir flache Witze wie: “Ich dachte du bist emanzipiert. Dann kannst du dein Essen auch selbst zahlen, oder?”
Selbst wenn du danach laut über deinen eigenen Kalauer lachst, dir dabei selbst auf die Schenkel klopfst und ihr sagst, dass es nur ein Spaß war:
Nach der Nummer ist die Sache gelaufen.
Wenn sie höflich bleiben will, lässt sie dich trotzdem zahlen, sich nach Hause bringen und ruft dich nie wieder an.
In der Hoffnung, dass du selbst merkst, wie idiotisch du dich benommen hast und dich in Grund und Boden schämst.
Denn Frauen ab Mitte dreißig müssen nicht noch nachtreten wenn ihre Entscheidung bereits gefallen ist.
Hast du es allerdings vorher schon geschafft, Stufe zwanzig zu sprengen, wird sie exakt das tun, wozu du sie aufgefordert hast:
Sie wird ihren Teil der Rechnung selbst begleichen.
Wenn es gut für dich läuft.
In ganz schlimmen Fällen bezahlt sie deinen Teil auch gleich mit.
Und dann wird sie sich ein Taxi bestellen.
Laut. 
Beim Kellner.
Mit dem Zusatz: “Sagen Sie bitte, es eilt. Ich ertrage diesen Dummkopf an meinem Tisch nicht länger.”
Und dann wird sie sich an die Bar setzen.

Wie gesagt:
Ich erhebe nicht den Anspruch, dass meine Datingregeln allgemeingültig sind.
Doch ich denke, was ich mit ziemlicher Sicherheit sagen kann ist, dass Frauen königlichen Alters anders zu handhaben sind als die, bei denen man nicht sicher ist, ob sie schon im Prinzessinnenalter angekommen sind, oder noch mitten im Hühneralter stecken.
Klar ist den meisten Singlefrauen im Königinnenalter nämlich:
Wenn ich einen König mit Schloss erwarte, darf ich ihm im Gegenzug keine verzottelte Hausfrau mit Landgasthof bieten.
Denn ein König erwartet eine Königin und die bin ich nicht aus reinem Geburtsrecht, sondern dafür muss ich etwas tun.
Ist sie eine richtige Königin, wird sie genau das auch tun:
Sie wird dir alles bieten, was sie hat, jedoch im Gegenzug auch das Beste von dir fordern.
Vorausgesetzt, sie ist interessiert an dir.
Doch um das herauszufinden, musst du es über das erste Date hinaus schaffen.
Das ist deine erste Challenge, dein erster Kampf.
Du denkst, du kämpfst nicht, ohne zu wissen ob es sich lohnt?
Dann hast du sehr wahrscheinlich auch keine Königin verdient.
Denn dann bist du auch kein König.
Nicht mal ein Ritter.
Denn der kämpft sogar, wenn er denkt dass dieses Unterfangen aussichtslos ist, weil die Königin bereits verheiratet ist.
Mit einem König.
Der auch mal ein Ritter war.
Und ohne Erfolgsgarantie für sie in seinen ersten Drachenkampf gezogen ist.

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P.S.: Das ist dir alles zu kompliziert? Dann warte, bis sie vierzig ist, denn dann ist ihr Vieles schon wieder egal. Du aber wahrscheinlich auch. Was es wieder kompliziert macht. Nur anders. 

Admin - 11:59:05 @ Frauen und Männer | Kommentar hinzufügen

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